Syphilis

(Synonym Lues bzw. harter Schanker)

Historie der Syphilis (Lues)

Der Name dieser Geschlechtskrankheit stammt aus dem Mittelalter des 16. Jahrhunderts, also um 1530 und ist auf einen Schafhirten namens Syphilus zurückzuführen, der damals mit dieser neuen, bis dato nicht bekannten Erkrankung auf Grund einer Gotteslästerung bestraft worden sein soll.
Allerdings lag der Ausbruch der Syphilis wohl einige Jahrzehnte vorher als diese kurz vor Beginn des 16. Jahrhunderts in spanischen Hafenstädten ausbrach. Wahrscheinlich wurde die Syphilis von den Seefahrern des Christoph Kolumbus eingeschleppt. Historischen Aufzeichnungen zufolge kam es vermutlich auch zu einem größeren Ausbruch der Seuche um 1495 herum unter den Truppen Kaisers Karl VIII, als diese Neapel belagerten. Auf Grund des im Mittelalter ausschweifenden Lust und Sex betonten Lebens in Frankreich breitete sich die Syphilis zunächst dort rasant aus und wurde deshalb auch die Französische Krankheit genannt. Nachfolgend breitete sich die Syphilis dann rasant in ganz Mitteleuropa aus und raffte im Mittelalter Hunderttausende davon infizierte Menschen nach einem jahrelangen Siechtum dahin... mehr

Epidemiologie und Verbreitung der Syphilis (Lues)

Mit der Entdeckung der Antibiotika und hier insbesondere des Penicillins konnte die Syphilis im 20. Jahrhundert sehr schnell eingedämmt werden. Nachdem aber ab etwa 1990 die Angst vor ansteckenden Infektionskrankheiten wie AIDS und Syphilis wieder zurückgegangen war kam es erneut zu einer Zunahme um die Jahrtausendwende, insbesondere auch durch die Einwanderung osteuropäischer infizierter Prostituierter (siehe Abb. 1). Um die Jahrtausendwende, also um 2000, kam es weltweit zu mehr als 12 Mio. Neuinfektionen mit Syphilis, über 90 % davon traten in den so genannten Entwicklungsländern auf. Am häufigsten sind homo- und bisexuelle Männer von der Syphilis betroffen.

Was Deutschland betrifft wurden vor 2 Jahren, also 2011 3698 Neuerkrankungen den Behörden gemeldet, was dem Krankenstand aus dem Jahre 1986 entspricht. Betroffen davon waren 93,6 % Männer und 6,4 % Frauen. Alleine zu 2010 war dies eine Steigerung von 22 % Syphilis Neuerkrankungen. Betroffen sind in Deutschland, wie in anderen Industrieländern auch, vor allem die Großstädte wie Berlin, Frankfurt und Hamburg.

In Deutschland gehört die Syphilis zusammen mit AIDS zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG), welches 2001 das alte so genannte Seuchengesetz bzw das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten ablöste, besteht jetzt in Deutschland eine anonyme Meldepflicht für HIV-und Syphilis sowie Hepatitis B-Infektionen. Seit Jahren ist die Syphilis in Deutschland wieder auf dem Vormarsch.

Krankheitsverlauf und klinische Symptome der Syphilis (Lues)

Die Syphilis, auch Lues oder harter Schanker genannt, ist eine durch Treponema pallidum, einem Bakterium aus der Familie der Spirochäten, ausgelöste Infektionskrankheit und zählt zu den typischen Vertretern der eigentlichen Geschlechtskrankheiten (synonym: Venerische Erkrankungen). Die Ansteckung mit Syphilis erfolgt nahezu ausschließlich durch sexuelle Aktivitäten, sei es durch ungeschützten vaginalen oder analen aber auch oralen Geschlechtsverkehr. Bei nicht behandelter Syphilis kann diese auch direkt auf das Neugeborene bei normaler Geburt durch die Scheide übertragen werden oder aber schon zuvor diaplazentar, also über die Plazenta den Föten im Mutterleib anstecken. Man muss hierbei allerdings sagen, dass die Zahl angeborener, also konnataler Syphilisfälle nur wenige pro Jahr in Deutschland betragen.

Voraussetzung für eine Infektion mit dem Syphiliserreger Treponema pallidum sind Verletzungen von Haut und Schleimhaut, so dass die Erreger dann durch diese natürlichen Barrieren eindringen und sich dann ausbreiten können. Diese Verletzungen können kleinste, kaum sichtbare Risse in der Genitalhaut oder aber Anal- und Mundschleimhaut sein. Auch die häufig vorhandenen Zahnfleischverletzungen dienen bei ungeschütztem Mundverkehr als Eintrittspforte.

Primärstadium der Syphilis (Lues I)

Inkubationszeit: Die Inkubationszeit, also der Zeitraum von der Ansteckung bis zum Auftreten der ersten Symptome, ist individuell sehr unterschiedlich und beträgt zwischen 9 Tagen und bis zu 3 Monaten. Durchschnittlich 3-4 Wochen nach Eindringen der Erreger kommt es an der Eintrittspforte zur Ausbildung eines so genannten Primärgeschwürs, das wie ein kleines ausgestanztes Loch ausseehen kann und meist von einem harten (indurierten) Rand umgeben ist, daher der Name harter Schanker.

Erfolgt die Infektion beim Geschlechtsverkehr manifestiert sich das Geschwür beim Mann oftmals am Penis und hier vor allem an der Vorhaut bzw. Eichel, bevorzugt am Eichelrand, auch Sulcus genannt.

Bei der Frau sind bevorzugte Manifestationsstellen für ein Primärgeschwür die Labien oder der Scheidenvorhof, auch Vulva genannt, bisweilen auch innerhalb der Scheide.

Bei analem Geschlechtsverkehr kommt es entweder aussen am Anus oder innen in der Rektumschleimhaut zur Manifestation eines Primärgeschwürs.

Bei oralem Geshlechtsverkehr findet man das Primärgeschür entweder in der Mundschleimhaut, am Zahnfleich oder aber der Rachenschleimhaut.

Die Geschwüre können sehr klein ausfallen, sind dann nur wenige Millimeter groß und entgehen dann oftmals der Aufmerksamkeit der Betroffenen, zumal sie auch meist keine oder nur geringe Schmerzen verursachen. Kleine Primärgeschwüre werden auch gerne mit einer Herpe Simplex Virus II Infektion verwechselt. Das Primärgeschwür zeigt oftmals einen feuchten Grund mit Sekretaustritt, in welchem sich Tausende der Treponema pallidum Erreger befinden. 

Das Lues  Primärgeschwür (Ulcus) ist hoch ansteckend 

Ca. 1-2 Wochen nach Auftreten des Primärgeschwürs schwellen dann auch die lokoregionären Lymphknoten an. Bei Befall der Genital- und Analregion sind dies die Lymphknoten der Leistenregion, bei Mund-und Rachenbefall die der Halsregion. In diesem späten Stadium des Primärstadiums der Lues werden dann auch die spezifischen Labortetsts auf Lues wie der so genannte TPHA (Treponema pallidum Hämagglutinationstest) positiv, d.h die Syphilis Infektion wird im Blut nachweisbar. Bleibt eine Behandlung im Primärstadium aus so geht die Lues in das zweite, das Sekundärstadium über.

Sekundärstadium der Syphilis (Lues II)

Zwischen 2 und bis zu 6 Monate nach der Ansteckung geht die Syphilis dann in ein Sekundärstadium über. Kennzeichnend für dieses Stadium sind flüchtige uncharakteristische papulöse Hautausschläge, insbesondere auch an den Handinnenflächen und den Fußssohlen, die typischerweise keinen Juckreiz zeigen und auch Syphilide genannt werden. Zusätzlich kann es in der Genital- und Analregion zur Ausbildung flacher Warzen, auch Condylomata lata genannt, und im Mund und Rachenraum auch zu Geschwürsbildungen (Ulzerationen) kommen, die hoch infektiös sein können. Während dieses Sekundärstadiums haben die Infizierten oft ein allgemeines Krankheitsgefühl, begleitet von Kopf- und Gliederschmerzen. Bisweilen kommt es auch zum Haarausfall oder zu Begleitsymptomen innerer Organe.

Typisch für das Sekundärstadium der Lues sind Schwellungen der verschiedenen Lymphknotenregionen, wobei sehr oft die Lymphknoten in der Ellbogenregion betroffen sind. Dies führte in früheren Zeiten zum so genannten Schwiegervater-Ellbogengriff, wo die Väter der Auserwählten den Schwiegersohn in spe mit der zweiten also der Nichtbegrüßungshand am Ellbogen anfassten, um festzustellen, ob die dortigen Lymphknoten geschwollen waren, d.h. dieser an einer Lues erkrankt war. Die genannten papulösen Hautausschläge können während dieses Sekundärstadiums mehrmals und dann oft nur flüchtig als so genannte Syphilide mehrere Tage auftreten, um dann wieder zu verschwinden. Das Sekundärstadium der Lues geht dann nach Monaten in ein Latenzstadium über, wo die Infizierten meist keinerlei klinische Symptome, also auch kein Krankheitsgefühl haben und sich gesund fühlen, aber generell ansteckend bleiben. Die Krankheit kann man in diesem Latenzstadium nur anhand der positiven Syphilis-Labortests erkennen.

Tertiärstadium der Syphilis (Lues III)

Ca. 3-5 Jahre nach dem Sekundärstadium haben sich die Syphiliserreger dann im gesamten Organismus ausgebreitet und können generell alle Organe, wie Magen-Darmtrakt, Harn- (Nieren) und Geschlechtsorgane, Lungen Muskeln oder Knochen sowie die Atemorgane, also Lungen befallen. Typischerweise kommt es dabei zu mehr oder weniger großen gummiartigen Knotenbildungen (Gummen) in den betroffenen Organen mit entsprechenden Komplikationen. Schwere, bisweilen lebensbedrohliche Symptome rufen diese Gummen hervor, wenn die Gefäßwände befallen sind, was gerne z.B. bei der Hauptschlagader, der Aorta der Fall ist (so genannte Mesaortitis) und dann zu Aneurysmen der Aorta oder aber auch zu Aneurysmen der Hirngefäße führt, die dann bei Ruptur (Platzen) einen schnellen Verblutungstod herbeiführen können.

Da die Lues im Stadium III durch Befall generell eines jeden Organs ganz unterschiedliche Krankheitssymptome hervorrunfen kann, nannte man die Lues in Medizinerkreisen auch gerne den Affen unter den Krankheiten.

Quartärstadium des Lues (Neurolues, Lues IV)

Bleibt eine Lues auch in diesem Tertiär-, also dem eigentlichen Organstadium unbehandelt, dann kommt es nach einer individuell sehr unterschiedlichen Latenzzeit von 2- bis über 20 Jahren bei 20-30 % der unbehandelten Erkrankten zu einer chronischen Entzündung des Gehirns (Syphilis cerebrospinalis) mit nachfolgender Demenz und Lähmungserscheinungen (Progressive Paralyse) und des Rückenmarks (Tabes dorsalis): Die Erkrankten zeigen Lähmungen in unterschiedlichen Regionen, so dass sie die Hände/Arme nicht mehr bewegen bzw. auch nicht mehr laufen können. Auch die Funktionen anderer Organe wie Blase und Mastdarm sind betroffen, so dass es zu Harn- und Suhlverhalten kommen kann. Häufig sind in diesem Stadium dann auch die Knochen und Glenke mit Verformungen (so genannte Charcot Gelenke) betroffen.

Angeborene Syphilis (konnatale Lues)

Ist eine schwangere Frau an einer Lues erkrankt und nicht behandelt worden so können die Spirochäten, also die Lues-Erreger, ab der 20. Schwangerschaftswoche über die Plazenta in den Kreislauf des Föten gelangen und diesen anstecken. Typisch hierfür sind Hautausschläge sowie Schwellungen von Leber und Milz (Hepatosplenomegalie). Typischerweise zeigen Kleinkinder mit einer angeborenen Lues auch häufig eine Symptome Trias bestehend aus Hornhautentzündung (Keratitis), Innenohrschwerhörigkeit und tonnenförmigen Schneidezähnen (Hutchinson-Trias), bisweilen auch eine so genannte Sattelnase.

Diagnostik der Syphilis (Lues)

Die Diagnose einer Lues ergibt sich aus: 

  1. Anamnese (typischerweise ungeschützter Sex mit einer nicht näher bekannten Person, häufig auch durch gewerblichen Sex mit einer Prostituierten)
  2. Klinische Symptome: Typisches Primärgeschwür (Primärulcus) so vorhanden, oder im Sekundärstadium unklare papulöse Hautausschläge mit Betroffensein der Hand- und Fussflächen bzw. Condylomata lata in der Genital-und Analregion
  3. Direkter Erregernachweis aus dem Primärulcus durch Dunkelfeldmikroskopie
  4. Evtl. Liquorpunktion in den Stadien II-IV
  5. Blut-Labortests:
    A. VDRL (Veneral Disease Laboratory)Test, ein unspezifischer Lues-Suchtest. Hierzu muss man wissen, dass der VDRL Suchtest in ca. 20 % falsch positiv ausfällt und die nachfolgenden, für die Diagnose Lues entscheidenden spezifischen Tests dann negativ sind.
    B. TPHA (Treponem Pallidum Hämagglutinationstest), ein spezifischer Lues-Nachweistest
    C. FTA-ABS (Fluorescent Treponema Antibody-absorbed)

Therapie der Syphilis (Lues)

Die Lues wird typischerweise bis zum heutigen Tage mit Penicillin G behandelt, da bislang noch keine Resistenzen auf Penicillin bekannt geworden sind. Im Primärstadium erfolgt die Behandlung mit ein oder zwei Penicillinspritzen oder alternativ mit Amoxicillin. Bei Penicillinunverträglichkeit kann auf Antibiotika aus der Gruppe der Tetracycline oder Makrolide für 14 Tage gegeben, ausgewichen werden.

Die Behandlungsdauer richtet sich nach dem jeweiligen Lues-Stadium
Gelegentlich kann es wenige Stunden nach Einleitung der Antibiose zu einer so genannten Jarisch-Herxheimer-Reaktion, kommen, die auf den gleichzeitigen Zerfall/Tod zahlreicher Treponemen und der dadurch freigesetzten Toxine zurückzuführen ist. Diese Reaktion kommt gerne in den Stadien I und II der Lues vor und ist begleitet von Fieber, Kopf-und Muskelschmerzen, gelegentlich auch von stärkeren Kreislaufabfällen, die bei älteren Menschen auch ein lebensbedrohliches  Ausmaß einnehmen können. Behandelt wird die Jarish Herxheimer-Reaktion durch Cortisongabe.
Abb. 1: Entwicklung der Syphilisinfektionen in Zentraleuropa
Abb. 2: Entwicklung der Syphilisinfektionen in Osteuropa    

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