Hepatitis B (HBV-Infektion)

Die Hepatitis B ist eine spezifische Infektionskrankheit der Leber und gehört im weiteren Sinne zu den sexuell übertragbaren Krankheiten, da sie häufig durch Geschlechtsverkehr übertragen wird.

Infektionsquellen

Übertragen wird die Erkrankung durch das Hepatitis B Virus. Derzeit wird die Zahl der chronisch mit diesem Virus infizierten Menschen weltweit auf über 350 Mio geschätzt. Ca. ein Drittel der Weltbevölkerung haben im Blut nachweisbare Antikörper gegen das HBV-core-Antigen (Anti-HBc) als Merkmal einer durchgemachten oder noch bestehenden Infektion, d.h., dass sie mit diesem Virus in Kontakt geraten sind, ohne dass es bei allen zu einer dauerhaften Infetion gekommen ist. Ähnlich wie bei AIDS sind auch für eine Hepatitis-Infektion Verletzungen in Schleimhäuten bzw. der Haut Voraussetzung, die auch sehr klein sein und deshalb einer Entdeckung entgehen können. Ob ein mit Hepatitis B infizierter Mensch hochansteckend ist ist von seiner Viruslast, also der Anzahl der Viren im Blut und seinen Sekreten abhängig. Bei Virusträgern mit einer hohen Viruslast befinden sich auch bisweilen genügend Viren im Urin, Speichel, Sperma und Tränensekret, die dann im Einzelfall auch für eine Ansteckung ausreichend sein können.

Häufigste Infektionsquellen für eine Hepatitis B sind der ungeschützte Geschlechtsverkehr, insbesondere mit Hochrisikopersonen wie Prostituierten, Homosexuellen und Drogenabhängigen, sowie infizierte Blutprodukte und Injektionsnadeln und Spritzen. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion hängt insbesondere ab von dem Verbreitungsgebiet: Endemisch verbreitet ist das Hepatitis B Virus in China, Nahem und Mittleren Osten incl. der Türkei, in Südostasien sowie in großen Teilen Afrikas.In Deutschland sind 0,6 % für HBsAg positiv, was eine chronische Infektion mit  Hepatitis B anzeigt. Bei ca. 7% ist der Anti-HBc Nachweis positiv, was auf eine durchgemachte Infektion hinweist.

Krankheitsverlauf

Die Hepatitis B Infektion kann mit akuten Krankheitssymptomen beginnen, verläuft aber in der Mehrzahl (ca. zwei Drittel) blande, also ohne oder mit nur leichten Krankheitssymptomen, welchen der Betroffene keine Aufmerksamkeit schenkt.

Die akute Hepatitis B...

... welche zu akuten Krankheitssymptomen führt, ist durch eine akute Entzündung der Leber mit rechtsseitigen Oberbauchschmerzen, Erhöhung der Lebertransaminasen, evtl Gelbsucht mit Verfärbung der Skleren und Haut, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Gliederschmerzen und allgemeinem Krankheitsgefühl gekennzeichnet. In der Regel kommt es nach 2-8 Wochen zu einem Abklingen der Symptome. Bei Patienten mit intaktem Immunsystem, auch als immunkompetente Patienten bezeichnet, heilt eine Hepatitis B ohne Konsequenzen in ca. 90 % aller HBV-Infektionen ab. Bei immunkompromittierten Personen, also solchen mit einer Beeinträchtigung bzw. Schädigung des Immunsystems wie z.B. bei HIV/AIDS oder immunsuppressiver Therapie nach Transplantation eines Organs (z.B. Nierentransplantation) geht die akute Hepatitis B in 30 – 90% in einen chronischen Verlauf über. Sehr selten (< 1%) kann es zu einem foudroyanten und lebensgefährlichem Verlauf einer akuten Hepatitis B mit fulminanter Hepatitis und Leberzerfall sowie einer Enzephalopathie kommen. Diese Patienten können dann nur noch durch eine schnelle Lebrtransplantation gerettet werden.

Chronische Hepatitis B

Von einer chronischen Hepatitis B spricht man, wenn die Erkrankung länger als 6 Monate persistiert bzw. periodisch verläuft. Häufig verläuft diese chronische Hepatitis B ohne relevante klinische Symptome. Zwischen 5 -10 % aller Hepatitis B Infektionen verlaufen chronisch und gehen oft mit  einer mehr oder weniger deutlichen Erhöhung der Leberwerte (Transamninasenerhöhung) einher. Je jünger der Patient bei Primärinfektion desto höher das Risiko, dass es zu einer chronischen Verlaufsform kommt, d.h. der Patient chronischer Virusträger bleibt, wobei bei einer HBV Infektion Neugeborener dies in über 90 % der Fall ist. Bei der chronischen Hepatitis B unterscheidet man gemäß der S 3-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion drei verschiedene Verlaufsformen:

A. Chronische Hepatitis B:

Dies ist eine persistierende HBV-Infektion und  geht mit einer Leberzellschädigung einher, welche laborchemisch (Transaminasenerhöhung) und histologisch (Leberbiopsie) nachweisbar ist. Hauptproblem der chronischen Hepatitis B ist, dass diese später in eine Lebercirrhose mit all den klinischen Folgekomplikationen bis hin zum Tode oder aber in einen Leberzellkrebs (Leberkarzinom, synonym: hepatozelluläres Karzinom) ausmünden kann.

B. Hochvirämischer HBsAg-Trägerstatus:

Hierbei handelt es sich um eine chronische hochreplikante (starke HBV Vermehrung) HBV-Infektion ohne Leberzellschädigung. Diese Form tritt meist bei vertikaler Infektion, also Übertragung von Mutter auf das Kind beim Geburtsvorgang auf, oder nach HBV Infektion im Kleinkindesalter sowie bei Patienten mit Beeinträchtigung des Immunsystems wie bei AIDS bzw. immunsuppressiver Therapie. Diese Patientengruppe zeigt laborchemisch ein hochpositives HBsAg und HBeAg. Der Übergang dieser Verlaufsform in eine chronische Hepatitis B ist prinzipiell möglich.

C. Niedrig virämischer („inaktiver“) HBsAg-Trägerstatus:

Zu dieser Gruppe gehören Patienten mit einer persistierenden HBV-Infektion ohne Zeichen einer  Leberzellschädigung. Diese Form tritt meist im langfristigen Verlauf einer chronischen HBV Infektion auf. Der inaktive HBsAg-Träger ist HBeAg-negativ und wenig replikativ, d.h. die Virusvermehrung ist gering. Bei dieser Verlaufsform kann es z.B. unter Immunsuppression oder aber ohne ersichtlichen Grund zu einem Wiederanstieg der Virämie mit entsprechend vermehrter entzündlicher Aktivität kommen.

Hepatitis B-Klassifikation anhand des Laborstatus

Ausheilung (kann die akute als auch die chronische Hepatitis B-Form betreffen): Verlust des HBsAg und Serokonversion von HBeAg.

Durchgemachte Hepatitis B, abgelaufene akute oder chronische Hepatitis B mit HBsAg negativ; Anti-HBc, Anti-HBs positiv.

Schützende Immunität, besteht meist dann, wenn das Anti-HBs über 10 IU/l ansteigt. Wobei HBsAg serologisch nicht mehr nachweisbar ist.Trotzdem bleibt die Persistenzform des HBV, die sog. cccDNA (covalently closed circular DNA) in niedrigen Mengen in den Leberzellen nachweisbar und unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. unter immunsuppressiver oder Chemotherapie) kann eine Reaktivierung erfolgen. Diese Patienten haben – vermutlich abhängig von der Dauer der HBV-Infektion – ein geringfügig erhöhtes Risiko, einen Leberkrebs zu entwickeln.

Anti-HBc-only“-Status - Dies ist der Sonderfall einer chronischen HBV-Infektion mit HBsAg negativ; Anti-HBc positiv, Anti-HBs negativ oder < 10 IU/l). Diese Sonderform ist evtl. mit einer niedrig titrigen Virämie (HBV-DNA ≤ 20 IU/ml) assoziiert. Die Prävalenz des „Anti-HBc-only“-Status ist mit 1,4 – 2,2% in Deutschland relativ hoch.Dies gilt insbesondere für Patienten > 65 Jahre und für Fälle mit Koinfektionen mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV).

Diagnostik der Hepatitis B

Die Diagnose Hepatitis B wir immer laborchemisch anhand von Bluttests gestellt:

A. Virus-Antigene (HBs-Ag und HBe-Ag)
Der positive Nachweis von Virus-Antigenen bedeutet, dass noch Viren im Blut/Körper sind und die Infektion nicht ausgeheilt ist, d.h. eine akute oder chronische Hepatitis B vorliegt.

B. Virus- Antikörper (Anti-HBs, Anti-HBe)
Hierbei handelt es sich um die vom Immunsystem gegen HBV gebildeten Antikörper. Generell zeigen sie bei der akuten HBV Infektion eine Heilung bzw. nach Hepatitis B-Impfung eine Immunität an. Während Anti-HBc-IgM eine akute Hepatitis B anzeigen sind Anti-HBc-IgG sowohl im späteren Stadium einer akuten Hepatitis B als auch nach Abheilung nachzuweisen. Anti-HBe können in der Heilungsphase einer akuten Hepatitis B oder aber bei chronischer Hepatitis B auftreten und deuten bei letzterer auf eine Verbesserung der Situation und eine verminderte Ansteckungsgefahr hin.

C. Virus-DNA (Erbsubstanz des Virus)
Der Nachweis der HBV DNA wird vor allem in der Verlaufskontrolle einer chronischen Hepatitis B eingesetzt.

Labordiagnostik bei Hepatitis B gefährdeten Personen

Die nachfolgend aufgelisteten Patientengruppen weisen auf Grund ihres Berufs und/oder ihres Umfeldes bzw ihrer Freizeitgestaltung ein erhöhtes Risiko für eine Hepatitis B-Infektion auf:  

  • Personen mit unklar erhöhten Leberwerten und/oder klinischen Zeichen einer Hepatitis
  • Patienten mit Leberzirrhose/-fibrose
  • Patienten mit Leberkrebs (hepatozellulärem Karzinom)
  • Personen mit Migrationshintergrund aus Regionen mit erhöhter HBsAg-Prävalenz (China, Südostasien,Naher und Mittlerer Osten, Südostasien, Türkei, viele Länder Afrikas)
  • Touristen mit entsprechender Exposition in den oben genannten Regionen
  • Familien- oder Haushaltsangehörige bzw. Sexualpartner HBV-Infizierter oder
  • Personen mit Kontakten zu Infizierten, die eine HBV-Übertragung ermöglichen
  • Medizinisches Personal
  • Patienten in psychiatrischen Einrichtungen, Bewohnern von Fürsorgeeinrichtungen für Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte, Insassen von Justizvollzugsanstalten
  • Homosexuelle Männer und/oder Personen mit häufig wechselnden Sexualkontakten
  • Drogenabhängige mit parenteralem Drogenkonsum
  • Dialyse-Patienten
  • HIV- und/oder HCV-Infizierte
  • Empfänger von Organtransplantaten vor und nach Transplantation
  • Blut-, Gewebe-, Samen- und Organspender (um die Weitergabe einer Hepatitis B zu verhindern)
  • Patienten vor bzw. während einer immunsuppressiven Therapie oder Chemotherapie
  • Schwangere (nur HBsAg)
  • Kinder von HBsAg-positiven Müttern

(Quelle: Cornberg M et al. Aktualisierung der S 3-Leitlinie… Z Gastroenterol 2011;49: 871–930)

Therapie der Hepatitis B

Da die akute Hepatitis B eine Heilungschance um die 90 % aufweist wird hier normalerweise keine Hepatitis B spezifische Therapie durchgeführt. Dies verhält sich generell anders bei den chronischen Hepatitis B–Formen. Gemäß der S3-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion werden folgende Leitlinien zur Behandlung der Hepatitis B gegeben:

A. In aller Regel behandlungsbedürftige Patienten:
HBeAg-positiv, HBV-DNA > 2000 IU/ml, ALT/GPTerhöht oder Histologie > minimale entzündliche Aktivität/geringe Fibrose (Evidence Level B). HBeAg-negativ, HBV-DNA > 2000 IU/ml, ALT/GPT erhöht oder Histologie > minimale entzündliche Aktivität/geringe Fibrose (Evidence Level B).

B. Besonders behandlungsbedürftige Patienten:
HBV-DNA-positive Patienten mit deutlicher oder fortschreitender Fibrose (Evidence Level B) Patienten mit (dekompensierter) Zirrhose bei Virusnachweis (Evidence Level B).

C. In der Regel nicht behandlungsbedürftige Patienten:
HBsAg-Träger (Evidence Level B): wiederholt HBV-DNA-negativ oder sehr niedrige HBVDNA Konzentrationen (< 2000 IU/ml), wiederholt normale Transaminasen und höchstens minimale entzündliche Aktivität/geringe Fibrose in der Leberbiopsie (Evidence-Level B).

Für die Therapie der Hepatitis B stehen Medikamente aus den folgenden Medikamentengruppen zur Verfügung:

  • Alpha-Interferone
  • Nukleosid-Analoge
  • Nukleotid-Analoga

Während Interferone das Immunsystem anregen, dieses also stärken, hemmen Nukleosid- und Nukleotid Analoga die Virusvermehrung. Die Therapie erfolgt in Abhängigkeit von den Laborbefunden und den Krankheitssymptomen entweder als Monotherapie mit einem Alpha Interferon oder aber als Kombinationstherapie, bestehend aus einem Alpha Interferon und einem Nukleosid- bzw. Nukleotid-Analoga. Die Therapiedauer hängt von den Ausgangsbefunden ab und liegt zwischen 6 Monaten und 1 ½ Jahren.

Hepatitis-Impfung

Gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) sollen geimpft werden (EBM Level A):

  • Säuglinge ab vollendetem 2. Lebensmonat
  • Alle noch nicht geimpften Kinder und Jugendlichen bis zum vollendeten 17. Lebensjahr, möglichst vor Beginn der Pubertät
  • Alle Personen mit einem erhöhten Hepatitis-B-Risiko (siehe Liste oben)
  • Patienten vor geplanten Transplantationen, speziell vor Lebertransplantation
  • Eine schützende Immunität besteht meist dann wenn das Anti-HBs über 10 IU/l ansteigt

Literatur: Cornberg M et al. Aktualisierung der S 3-Leitlinie… Z Gastroenterol 2011; 49: 871–930

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