Varikozele

Krampfadern des Hodens siehe auch unter Fruchtbarkeiststörungen

Als Varikozele bezeichnet man die krampfaderähnliche Erweiterung/Schlängelung der Hodenvenen im Samenstrang (Plexus pampiniformis Abb. 1). Die Varikozele ist die häufigste Erkrankung im Bereich des Hodens und man findet sie in 10-20 % aller Männer.
Auf Grund der unterschiedlichen Abflussverhältnisse beider Hoden (die Hodenvene des linken Hodens mündet rechtwinklig in die linke Nierenvene, die Hodenvene des rechten Hodens hingegen spitzwinklig in die untere Hohlvene), befindet sich die Varikozele bei der klinischen Untersuchung in 80-90 % nur auf der linken Seite, in je 5–10 % auf der rechten oder aber auf beiden Seiten.

Dieser in den meisten Publikationen zur Varikozele angegebenen Seitenverteilung widerspricht allerdings eine im Lancet publizierte Arbeit. Nach dieser zeigten von 255 infertilen Patienten mit Varikozele bei der Dopplersonographie und Venographie 17,6 % eine einseitig linksseitige, 1,5 % eine einseitig rechtsseitige und 80,8 % eine beidseitige Varikozele (Evers, J. et al: Assessment of efficacy of varicocele repair for male subfertility: a systematic review. Lancet 361, 1849-1852, 2003). Den Autoren zufolge wären bei der rein körperlichen Untersuchung 10 % der linken und 90 % der rechten Fälle unentdeckt geblieben. Erst durch den Einsatz von Dopplersonographie und Venographie konnte nachgewiesen werden, dass es sich bei der Varikozele letztendlich meist um eine beidseitige Erkrankung handelt.

Drei Schweregrade der Varikozele (I-III)

Generell unterscheidet man drei Schweregrade der Varikozele (I-III), wobei eine ausgeprägte Varikozele (III) meist auch mit einer Verkleinerung des Hodens- (Hodenatrophie) einhergeht. Eine Varikozele tastet/sieht man am besten im Stehen bei gleichzeitiger Betätigung der Bauchpresse (sog. Valsalva-Manöver), wobei dann die zu Krampfadern erweiterten Hodenvenen zwischen den Hodensack umfassenden Fingern sich wie ein wurmförmiges Knäuel anfühlen.

Von einer subklinischen Varikozele spricht man, wenn man zwar klinisch keine Krampfadern im Hodensack tasten kann, man aber mit Hilfe der Doppler-/Duplexsonograhie unter Betätigung der Bauchpresse (Valsalva-Manöver) einen Rückstrom in die Hodenvenen nachweisen kann.

Die wissenschaftliche Literatur zur Varikozele füllt mittlerweile schon ganze Bibliotheken und bis zum heutigen Tage streiten sich die Wissenschaftler ob die Behandlung einer klinisch manifesten Varikozele bzw. einer sog. subklinischen Varikozele bei Unfruchtbarkeit (Infertilität) überhaupt in der Lage ist, zu einer Verbesserung der Fruchtbarkeit und damit zur ersehnten Schwangerschaft zu führen.

Auch eine erst jüngst zum Thema Varikozele durchgeführte Literaturrecherche – der sog. Cochrane Review (Ficarra, V. et al: Treatment of Varicocele in subfertile men: The Cochrane review- A contrary opinion. Eur. Urol. 49, 258-263, 2006) war nicht in der Lage, die Frage diesbezüglich positiv oder negativ zu beantworten. Sie verwies auf noch andauernde prospektive Studien, betonte aber gleichzeitig, dass das, was die Literatur derzeit zum Thema Varikozele hergibt, nicht dazu benutzt werden kann eine Therapie der Varikozele bei Männern mit eingeschränkter Fruchtbarkeit (Infertilität) als unnütz abzulehnen.

Insgesamt spricht vieles in der Literatur dafür, dass je ausgeprägter eine Varikozele ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit(Infertilität) ist, will heißen, dass subklinische Varikozelen normalerweise eher nicht zu klinisch relevanten Beeinträchtigungen der Fertilität führen (Nagle, H.M.: Editorial Comment: Varicocele: where, why and, if so, how? J. Urol. 172, 1239-1240, 2004).

Generell teilen die meisten Autoren/Ärzte, so auch der Verfasser dieser Homepage (Prof. Dr. med. Hartmut Porst) die Auffassung, dass Männer, bei welchen ein Kinderwunsch mit nachgewiesener Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit (Infertilität) im Spermiogramm vorliegt und bis auf eine Varikozele keine anderen konkurrierenden Ursachen der Infertilität gefunden werden, einer Behandlung der Varikozele zugeführt werden sollten.

So haben auch verschiedene kleinere Studien bei Patienten mit Azoospermie (keine Spermien im Sperma/Ejakulat nachweisbar) zeigen können, dass durch eine erfolgreiche Behandlung der Varikozele es wieder zur Spermienproduktion und nachfolgend zur Schwangerschaft kommen kann. (Matthews, GJ. et al: Induction of spermatogenesis and achievement of pregnancy after microsurgical varicocelectomy in men with azoospermia and severe oligoasthenospermia. Fertil Steril 70, 71-75, 1998. Cakan, M. et al: Induction of spermatogenesis by inguinal repair in azoospermic men. Arch. Androl. 50, 145-150, 2004).

Bei der kindlichen Varikozele, sind sich die meisten Autoren darin einig, dass diese operativ beseitigt werden soll, wenn diese ausgeprägt ist und bereits zu einer Verkleinerung des Hodens (Hodenatrophie) geführt hat.

Behandlung und Therapie der Varikozele

Zur Behandlung der Varikozele haben sich verschiedene operative und Verödungsverfahren als gleichwertig erwiesen, was den Behandlungserfolg (etwaige Verbesserung des Spermiogramms und Eintritt einer Schwangerschaft) angeht. Derzeit konkurrieren folgende Methoden in der Behandlung einer Varikozele miteinander und letzten Endes hängt es von der Erfahrung des jeweiligen Operateurs ab, welche Methode er durchführt:

Operative Verfahren zur Beseitigung einer Varikozele

Sie werden meist von einem Leistenschnitt aus durchgeführt, wobei entweder alle Samenstranggefäße (Operation nach Palomo) oder aber nur die Hodenvenen (Operation nach Bernardi). Durchtrennt und unterbunden werden. In manchen Kliniken wird die Operation der Varikozele auch mikrochirurgisch oder laparoskopisch (sog. Knopflochchirurgie) durchgeführt.

Verödungsverfahren (Sklerotherapie) bei Varikozele

Hierbei unterscheidet man die retrograde Sklerotherapie von der antegraden Sklerotherapie bei Varikozele. Bei der retrograden Sklerotherapie wird die Beinvene im Leistenniveau punktiert und von dort ein dünner Katheter über die linke Nierenvene in die linke Hodenvene geschoben und dann das Verödungsmittel gespritzt. Bei der antegraden Sklerotherapie wird in lokaler Betäubung von einem 2 cm großen Schnitt am Hodensack eine Hodenvene freigelegt, diese punktiert und dann das Verödungsmittel gespritzt. Wegen seiner relativ einfachen Durchführbarkeit und seiner universellen Anwendbarkeit hat sich in Deutschland in der Behandlung der Varikozele die antegrade Sklerotherapie als das am häufigsten angewandte Verfahren durchgesetzt.

Ca. 6-9 Monate nach Behandlung der Varikozele, egal ob operativ oder mittels Sklerotherapie erfolgt, sollte ein Spermiogramm durchgeführt werden, um nachzuprüfen, ob eine Besserung der Fruchtbarkeit eingetreten ist. In ca. 5-10 % aller Fälle kommt es zu einer Persistenz oder Rezidiv der Varikozele, d.h. dass weiterhin Krampfadern im Hodensack vorhanden sind. In diesem Falle muss dann nochmals operiert oder sklerotherapiert werden.

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